ZK 2011 206 - (Un)zuständigkeit der Schlichtungsbehörde zum Entscheid über ein Gesuch um Prozesskostenvorschuss
ZK 11 206, publiziert Juli 2011
Entscheid der 2. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern
vom 7. Juli 2011
Besetzung
Oberrichter Bähler, Oberrichterin Apolloni Meier und Oberrichter Messer
Gerichtsschreiber Erismann
Verfahrensbeteiligte
X.,
Gesuchsteller/Beschwerdeführer
gegen
Y.,
Gesuchsgegner/Beschwerdegegner
Gegenstand
Prozesskostenvorschuss
Beschwerde gegen den Entscheid der Schlichtungsbehörde Emmental-Oberaargau, Vorsitzender Wimmer, vom 21. März 2011
Regeste:
1) Art. 303 ZPO, Art. 8 Abs. 1, 12 Abs. 3 lit. c, 13 Abs. 2 und 3 EG ZSJ; Sachliche (Un)zuständigkeit der Schlichtungsbehörde zum Entscheid über ein Gesuch um Prozesskostenvorschuss.
2) Zur Beurteilung eines Gesuches um Prozesskostenvorschuss (PKV) ist nicht die Schlichtungsbehörde sondern das Regionalgericht zuständig, selbst wenn die Schlichtungsbehörde in der selben Sache mit einem uR-Gesuch befasst ist.
Das Regionalgericht kann dabei einen Gerichtskostenvorschuss für das gesamte Schlichtungsund Gerichtsverfahren zusprechen. Dem in der Schlichtungsphase vor Einreichung des Schlichtungsgesuches mit dem PKV-Gesuch befassten Regionalgericht ist die Zuständigkeit zur Beurteilung eines subsidiär gestellten uR-Gesuchs sowohl für das Schlichtungswie auch für das erstinstanzliche Gerichtsverfahren zuzuerkennen.
Redaktionelle Vorbemerkungen:
Der Gesuchsteller/Beschwerdeführer machte bei der Schlichtungsbehörde ein Schlichtungsbegehren betreffend eine Klage auf Mündigenunterhalt und gleichzeitig ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege anhängig. Im Verlauf des Verfahrens stellte er sodann bei der mit der Hauptsache befassten Schlichtungsbehörde ein Gesuch um Leistung eines Prozesskostenvorschusses (PKV), eventualiter um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Die Schlichtungsbehörde trat wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit nicht auf das PKV-Gesuch ein. Die Kammer weist die dagegen erhobene Beschwerde ab.
Auszug aus den Erwägungen:
I.
(...)
II.
(...)
III.
1. Die Vorinstanz begründete ihren Nichteintretensentscheid im Wesentlichen damit, dass es sich bei Prozesskostenvorschüssen um vorsorgliche Massnahmen handle, welche bis anhin gestützt auf Art. 281 aZGB ergangen seien. Mit Einführung der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) sei diese Bestimmung durch Art. 303 ZPO ersetzt worden, wobei sich jedoch der Normzweck nicht verändert habe. Der Zuspruch eines Prozesskostenvorschusses sei damit weiterhin als vorsorgliche Massnahme zu qualifizieren.
Bei vorsorglichen Massnahmen gelange gemäss Art. 248 lit. a [recte d] ZPO das summarische Verfahren zur Anwendung. In summarischen Verfahren entfalle jedoch gemäss Art. 198 lit. a ZPO das Schlichtungsverfahren. Somit sei die sachliche Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde nicht gegeben.
Zwar bestimme Art. 12 Abs. 3 lit. c EG ZSJ, dass unter anderem der Vorsitzende der Schlichtungsbehörde für alle Angelegenheiten zuständig sei, welche gemäss Art. 248 ff. ZPO im summarischen Verfahren bei hängigem Hauptprozess zu behandeln seien. Die Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde sei aber vorliegend dennoch zu verneinen, da das Bundesrecht, vorliegend die Art. 198 lit. a i.V.m. Art. 248 lit. a [recte. d] ZPO, die Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde explizit ausschliesse und eine solche Zuständigkeit daher vom Kanton gemäss Art. 4 Abs. 1 ZPO nicht vorgesehen werden könne. Ein Schlichtungsversuch im summarischen Verfahren stehe zudem dem Normzweck von Art. 198 ZPO, nämlich der besonderen Beschleunigung des Verfahrens, diametral entgegen.
Überdies setze Art. 12 Abs. 3 lit. c EG ZSJ einen hängigen Hauptprozess voraus und beim Schlichtungsverfahren handle es sich nicht um einen solchen Hauptprozess.
2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vor, es treffe zwar zu, dass es sich beim Prozesskostenvorschuss grundsätzlich um eine vorsorgliche Massnahme handle, und es sei auch richtig, dass es der bei vorsorglichen Massnahmen gebotenen Dringlichkeit widersprechen würde, wenn vorab ein Schlichtungsverfahren durchzuführen wäre.
Vorliegend stelle sich jedoch die Frage, ob die Schlichtungsbehörde entsprechend ihrer auf Art. 13 Abs. 1 EG ZSJ abgestützten sachlichen Zuständigkeit zur Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege auch zum Entscheid über ein PKV-Gesuch, allenfalls beschränkt auf die Kosten des Schlichtungsverfahrens, zuständig sei.
Bei einem Prozesskostenvorschuss handle es sich um eine besondere vorsorgliche Massnahme, da es nicht um die Gewährleistung der künftigen Umsetzung des Prozessergebnisses, sondern um die Gewährleistung des Zugangs zum Gericht überhaupt gehe. Dieser Umstand rechtfertige es, wenigstens zu prüfen, ob eine unterschiedliche sachliche Zuständigkeit als bei anderen vorsorglichen Massnahmen angezeigt wäre.
Ein PKV-Gesuch bezwecke dasselbe wie ein uR-Gesuch, nämlich, der bedürftigen Partei den Zugang zum Gericht zu verschaffen. Anspruchsgrundlagen und Prüfungsinhalt seien, mit Ausnahme der beim PKV-Gesuch zusätzlich abzuklärenden Leistungsfähigkeit der Gegenpartei, identisch. Zudem sei der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege subsidiär zu demjenigen auf PKV.
uR-Gesuche würden gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO im summarischen Verfahren behandelt. Trotzdem habe der kantonale Gesetzgeber in Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 5 lit. c EG ZSJ festgehalten, dass in hängigen Verfahren das befasste Gericht im Schlichtungsverfahren somit die Schlichtungsbehörde - über die unentgeltliche Rechtspflege entscheide, während Art. 11 EG ZSJ sämtliche summarischen Verfahren in die Zuständigkeit der Regionalgerichte verweise.
Es seien keine sachlichen Gründe ersichtlich, welche eine unterschiedliche sachliche Zuständigkeit für uRund PKV-Gesuche rechtfertigen würden. Nach der Argumentation der Vorinstanz müsste gestützt auf Art. 4 Abs. 1 ZPO konsequenterweise auch die sachliche Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde für das uR-Verfahren verneint werden. Dies widerspreche jedoch der Praxisfestlegung des Obergerichts betreffend uR im Schlichtungsverfahren.
Der Bundesgesetzgeber habe für Kinderbelange das vereinfachte Verfahren vorgesehen, welches an die Stelle des früheren einfachen und raschen Verfahrens getreten sei. Müsste vor dem Schlichtungsverfahren tatsächlich eine andere Behörde über das PKV-Gesuch entscheiden, würde dies zu Verzögerungen führen, was nicht der Absicht des Bundesgesetzgebers entspreche. Bei einer Abweisung des PKV-Gesuchs durch das Regionalgericht müsste nämlich bei der Schlichtungsbehörde anschliessend ein uR-Gesuch eingereicht werden, in welchem Verfahren sodann die gleichen Fragen zu prüfen wären. Um die daraus entstehenden Verzögerungen zu vermeiden müssten daher regelmässig bereits im Stadium des Schlichtungsverfahrens zwei Gerichtsbehörden befasst werden, was kaum die Absicht des Bundesgesetzgebers gewesen sein könne.
Entgegen der Ansicht der Vorinstanz rechtfertige sich daher eine extensive Auslegung von Art. 12 Abs. 3 lit. c EG ZSJ. Werde unter der Hängigkeit des Hauptprozesses nämlich nur diejenige des Entscheidverfahrens verstanden, so gelange Art. 12 Abs. 3 lit. c EG ZSJ für die Schlichtungsbehörde gar nicht zur Anwendung, obwohl diese in Art. 12 Abs. 1 EG ZSJ ausdrücklich und vorbehaltlos erwähnt werde.
Die Verfahren um Mündigenunterhalt seien nebst den eher seltenen reinen Unterhaltsklagen von Unmündigen die einzigen Verfahren, in denen ein Schlichtungsversuch durchzuführen sei und gleichzeitig PKV-Gesuche überhaupt in Frage kämen. Die Kapazitäten der Schlichtungsbehörden würden durch die sachliche Zuständigkeit zur Behandlung solcher Gesuche daher nicht überstrapaziert.
IV.
(...)
1. Der Anspruch mündiger Kinder gegen ihre Eltern auf Leistung eines Prozesskostenvorschusses fliesst aus dem Unterhaltsanspruch gemäss Art. 276 und 277 Abs. 2 ZGB (Emmel, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich 2010, N 5 zu Art. 117 ZPO). Er geht dem Anspruch gegenüber dem Staat auf unentgeltliche Rechtspflege vor (BGE 135 I 91 E. 2.4.2.2; 119 Ia 11 E. 3a). Art. 281 Abs. 1 aZGB bestimmte, dass nach Einreichung der Klage das Gericht auf Begehren des Klägers die nötigen „vorsorglichen Massregeln“ trifft. In Art. 281 Abs. 2 aZGB wurde festgelegt, dass bei feststehendem Kindesverhältnis der Beklagte verpflichtet werden kann, angemessene Beiträge zu hinterlegen vorläufig zu zahlen. Unter dieser Regelung wurde der Anspruch auf PKV parallel zur Hinterlegung und vorläufigen Zahlung prozessual als vorsorgliche Massregel behandelt (BGer-Urteil 5P.184/2005 vom 18. Juli 2005 E. 1.3). Gemäss Art. 284 aZGB entschied das für die Beurteilung der Klage zuständige Gericht über die Hinterlegung, die vorläufige Zahlung, die Auszahlung hinterlegter Beiträge und die Rückerstattung vorläufiger Zahlungen.
2. Mit dem Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung wurden die Art. 280 bis 284 aZGB aufgehoben. Art. 284 aZGB wurde wörtlich durch Art. 304 ZPO ersetzt. An die Stelle von Art. 281 Abs. 2 aZGB trat Art. 303 Abs. 1 ZPO. Die Generalklausel von Art. 281 Abs. 1 aZGB entfiel, weil davon ausgegangen wurde, dass eine weitere gesetzliche Regelung der vorsorglichen Massnahmen entbehrlich sei, da die entsprechenden Möglichkeiten bereits in den allgemeinen Bestimmungen (nun Art. 261 ff. ZPO) enthalten seien (Steck, Basler Kommentar, N 3 zu Art. 303 ZPO).
3. Damit stützt sich die Durchsetzung des materiell auf Art. 276 und 277 Abs. 2 ZGB beruhenden Anspruchs auf einen Prozesskostenvorschuss neu auf Art. 261 ff. ZPO. Es handelt sich der Natur der Sache nach um eine vorsorgliche Massnahme, da der Prozess, für welchen der Vorschuss verlangt wird, gegenüber dem Gericht und der Rechtsvertretung vorfinanziert werden muss. Sonderregeln für diese besondere Art einer vorsorglichen Massnahme sieht das Gesetz nicht vor. Im Gegensatz zur Regelung von Art. 281 Abs. 1 aZGB braucht die Klage in der Hauptsache noch nicht hängig zu sein (Art. 263 ZPO; anders: Steck, Basler Kommentar, N 23 zu Art. 303 ZPO, betreffend Art. 303 ZPO generell).
4. Für vorsorgliche Massnahmen ist das gemäss Art. 4 Abs. 1 ZPO vom Kanton bestimmte Gericht zuständig. Vorsorgliche Massnahmen werden im summarischen Verfahren angeordnet (Art. 248 lit. d ZPO). Im summarischen Verfahren entfällt das Schlichtungsverfahren (Art. 198 lit. a ZPO). Zuständig zum Erlass vorsorglicher Massnahmen sind aufgrund ihrer subsidiären Generalkompetenz nach der allgemeinen Bestimmung von Art. 8 Abs. 1 EG ZSJ die Regionalgerichte. Bei Art. 11 und 12 EG ZSJ handelt es sich demgegenüber nicht um eigenständige Zuständigkeitsnormen. Art. 11 EG ZSJ ergänzt in deklaratorischer Weise die nicht abschliessenden Kataloge von Art. 249 und 250 ZPO, während Art. 12 EG ZSJ die Abgrenzung der Zuständigkeit der Instruktionsrichterin des Instruktionsrichters von derjenigen der Gesamtbehörde bei Kollegialbehörden im Rahmen von deren anderweitig bestimmter Zuständigkeit regelt.
5. Für die unentgeltliche Rechtspflege enthält Art. 13 EG ZSJ eine (in Art. 8 EG ZSJ vorbehaltene) besondere Zuständigkeitsordnung. Gemäss Art. 13 Abs. 1 EG ZSJ ist in hängigen Verfahren „das befasste Gericht“ zuständig, worunter gemäss Praxisfestlegung der Zivilabteilungskonferenz des Obergerichts vom 20. Januar 2011 auch die Schlichtungsbehörde gehört, soweit es um das Schlichtungsverfahren geht. Art. 13 Abs. 3 EG ZSJ sieht ausdrücklich die Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege vor Eintritt der Rechtshängigkeit vor, sofern dem Hauptverfahren ein Schlichtungsverfahren vorangeht. In den anderen Fällen ist für die Erteilung der uR vor Eintritt der Rechtshängigkeit gemäss Art. 13 Abs. 2 EG ZSJ das Regionalgericht zuständig.
6. Zwar sieht Art. 119 Abs. 3 ZPO vor, dass „das Gericht“ über ein uR-Gesuch entscheidet. In Art. 113 Abs. 1 ZPO ist indessen die Möglichkeit vorausgesetzt, dass eine unentgeltliche Rechtsvertretung bloss für das Schlichtungsverfahren bestellt wurde. Die Regelung im kantonalen Einführungsgesetz, wonach diejenige Behörde, bei welcher ein Verfahren hängig ist, über die uR entscheidet (Art. 13 Abs. 1 EG ZSJ), auch wenn es die Schlichtungsbehörde ist (Praxisfestlegung), hält somit vor dem Bundesrecht stand. Eine bundesrechtliche Verpflichtung der Kantone, im Rahmen des schlank und wenig kostenintensiv ausgestalteten Schlichtungsverfahrens die Beurteilung von uR-Gesuchen ausschliesslich einem Gericht und damit einer zusätzlichen Behörde zu übertragen, widerspräche der ratio legis der ZPO.
7. Als Zwischenfazit ergibt sich, dass die gesetzliche Grundlage für eine Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde zur Beurteilung eines Gesuches um Prozesskostenvorschuss fehlt. Diese Zuständigkeit liegt nach den kantonalen Zuständigkeitsnormen vielmehr beim Regionalgericht. Dieses kann dabei einen Gerichtskostenvorschuss für das gesamte Schlichtungsund Gerichtsverfahren zusprechen. Hingegen ist die Schlichtungsbehörde zuständig für die Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sowohl vor wie auch nach Eintritt der Rechtshängigkeit (Art. 13 Abs. 1 und 3 EG ZSJ). Die Zuständigkeit ist damit lückenlos geregelt.
8. Ein prozessarmes Kind, das einen Unterhaltsprozess gegen einen als zahlungsfähig erachteten Elternteil einleiten will, muss daher zunächst beim Regionalgericht einen Prozesskostenvorschuss erwirken, soweit es mit der Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenvorschusses durch die Schlichtungsbehörde rechnet sich rechtlich verbeiständen lassen will. Anschliessend kann es das Schlichtungsverfahren einleiten bzw. ein zur Fristwahrung bereits eingeleitetes Schlichtungsverfahren weiterführen. Sofern ihm kein Prozesskostenvorschuss zugesprochen wurde, muss es bei der Schlichtungsbehörde um uR nachsuchen.
9. Es stellt sich die Frage, ob diese gespaltene Zuständigkeitsordnung durch teleologische Reduktion, also durch richterliche Rechtsfindung gegen den Wortlaut, aber nach der ratio legis, korrigiert werden soll. Solches ist im Gegensatz zur richterlichen Gesetzeskorrektur (Füllung einer unechten Lücke) zulässig (BGE 121 III 219 E. 1d/aa).
10. Eine unechte Lücke, deren Ausfüllung dem Richter verwehrt ist, liegt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung vor, wenn „das Gesetz eine Antwort [vorsieht], die aber nicht befriedigt [...]. Anders verhält es sich nur, wenn die vom Gesetz gegebene Antwort als sachlich unhaltbar angesehen werden muss bzw. auf einem offensichtlichen Versehen des Gesetzgebers, einer gesetzgeberischen Inkongruenz einer planwidrigen Unvollständigkeit beruht“ (BGer-Urteil 9C_98/2009 vom 30. Juni 2009 E.5.1, mit Verweis auf BGE 131 II 562 ff. E. 3.5, BGE 134 V 131 ff. E. 5.2 und E. 7.2 sowie 132 III 470 ff. E. 5.).
11. Selbständige Unterhaltsklagen von Kindern werden im vereinfachten Verfahren behandelt (Art. 295 ZPO). Vorgängig ist ein Schlichtungsverfahren durchzuführen, sofern die Unterhaltsklage nicht mit der Vaterschaftsklage verbunden wird (Art. 197 ZPO, Art. 198 lit. b ZPO e contrario).
12. Diese Konstellation ist die einzige, in der ein Schlichtungsverfahren durchgeführt werden muss und gleichzeitig ein familienrechtlicher Anspruch gegen die beklagte Partei auf einen Prozesskostenvorschuss überhaupt zum Tragen kommen kann. In den anderen Fällen ist das Regionalgericht für das Hauptverfahren direkt zuständig, da es sich dann um ein Summar-, namentlich ein Eheschutzverfahren, bzw. um ein Scheidungsoder Scheidungsabänderungsverfahren, aber um eine mit einer Vaterschaftsklage verbundene Unterhaltsklage handelt (in letzterem Fall stellt sich die Frage des Prozesskostenvorschusses nicht, da die Vaterschaft noch gar nicht feststeht). [...].
13. Die Voraussetzungen auf Seiten der gesuchstellenden Person sind für den Anspruch auf einen Prozesskostenvorschuss und auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege grundsätzlich dieselben. Erforderlich sind Prozessarmut der gesuchstellenden Partei und genügende Prozessaussichten. Im Gegensatz zur Beurteilung des uR-Gesuches muss hingegen bei der Beurteilung des Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss auch die Leistungsfähigkeit der Gegenpartei geprüft werden. Fehlt diese, liegen gleichzeitig aber bei der gesuchstellenden Person die Voraussetzungen vor, so hat Letztere Anspruch auf uR. Es ist somit zweifellos prozessökonomisch, wenn dieselbe Instanz die Voraussetzungen sowohl für PKV als auch für uR prüft. Indessen besteht bei einer Trennung der Zuständigkeiten für PKV und uR keine Gefahr widersprechender Entscheide. Wird ein PKV zugesprochen, braucht es keine uR mehr. Wird das PKV-Gesuch mangels Leistungsfähigkeit der Gegenpartei abgewiesen, sind die Voraussetzungen für uR erfüllt. Wird ein vorgängig gestelltes uR-Gesuch wegen der Möglichkeit eines PKV abgewiesen und wird dieser nicht zugesprochen ist nicht einbringlich, kann die uR nachträglich und zurückbezogen auf das erste Gesuch erteilt werden (BGer-Urteil 5A_843/2009 vom 23. Februar 2010, E.4.3).
14. Nach dem Gesagten wäre es zwar grundsätzlich prozessökonomisch sinnvoll, wenn die Schlichtungsbehörde (auch) über ein PKV-Gesuch befinden könnte. Zwingend etwa um widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden ist dies jedoch nicht. Die vom Beschwerdeführer postulierte Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde für die Beurteilung von PKV-Gesuchen würde einen Fremdkörper in der Ausgestaltung der Schlichtungsbehörde gemäss ZPO darstellen. Die Schlichtungsbehörde ist nämlich im kontradiktorischen Verfahren nie verpflichtet, einen Entscheid zu fällen. Sie hat lediglich in gewissen Fällen die Befugnis dazu (Art. 212 ZPO). Die Schlichtungsbehörde hat zwar über uR-Gesuche zu befinden, doch geht es dort um einen Anspruch gegenüber dem Staat und nicht um ein kontradiktorisches Verfahren.
15. Es drängt sich somit nicht auf, durch richterliche Gesetzeskorrektur die Schlichtungsbehörde für die Beurteilung von PKV-Gesuchen zuständig zu erklären. Die vorgesehene Zuständigkeitsordnung kann mithin nicht als sachlich unhaltbar bzw. als offensichtliches Versehen des Gesetzgebers, gesetzgeberische Inkongruenz planwidrige Unvollständigkeit qualifiziert werden.
16. Hingegen ist dem in der Schlichtungsphase vor Einreichung des Schlichtungsgesuches mit dem PKV-Gesuch befassten Gericht die Zuständigkeit zur Beurteilung eines subsidiär gestellten uR-Gesuchs sowohl für das Schlichtungswie auch für das erstinstanzliche Gerichtsverfahren zuzuerkennen. Eine solche, ausdehnende Auslegung von Art. 13 Abs. 2 EG ZSJ ist nicht systemwidrig und erweist sich aufgrund des engen Sachzusammenhangs und der Prozessökonomie als sinnvoll. Die Schlichtungsbehörde ist somit in solchen Fällen nicht ausschliesslich zuständig. Art. 13 Abs. 3 EG ZGB ist entsprechend einschränkend auszulegen.
17. Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen.
(...)
V.
(...)
Hinweis:
Dieser Entscheid ist in Rechtskraft erwachsen.